Die fünf wichtigsten PMI-Hebel
Fusionen und Übernahmen sind für Unternehmen eine strategische Möglichkeit, sich schnell Wachstum, Marktzugänge oder Technologien anzueignen. Die Businesspläne für solche Zusammenschlüsse basieren auf zwei Annahmen: zum einen die endogenen Möglichkeiten jedes Unternehmens zu nutzen und weiter auszubauen und zum anderen die exogenen, also die Synergieeffekte aus dem geplanten Zusammenschluss konsequent integrieren zu können.
Damit Unternehmen Post-Merger-Skaleneffekte erzielen können, müssen die Verantwortlichen die wichtigsten Hebel bei der Durchführung eines Post-Merger-Integrationsprozesses, kurz PMI, kennen, verstehen und anwenden.
Wir möchten Ihnen in diesem Beitrag die aus unserer Sicht fünf wichtigsten und am häufigsten genutzten Hebel für einen erfolgreichen PMI vorstellen. Sie basieren auf unseren Erfahrungen aus einer Vielzahl von Integrations-Projekten.
Hebel 1: Form der Synergie – Kosten senken oder Wachstum anstoßen?
Steht eine Post-Merger-Integration an, ist der Fokus auf die Art der angestrebten Synergie entscheidend: Sollen Kostensenkungs- oder Wachstumssynergien erzielt werden?
Bei Kostensynergien werden die Geschäftsbereiche beider Unternehmen streng darauf geprüft, wo Kosteneinsparungen möglich sind. Das Management sollte dabei entlang der gesamten Wertschöpfungskette detaillierte Maßnahmen entwickeln, die im Rahmen eines Project Management Office, kurz PMO, verfolgt werden können.
Wichtig ist dabei, die entwickelten Maßnahmen auch in den Budgets beider Unternehmen zu berücksichtigen. Dadurch holen Sie sich zusätzlich das Commitment des Top-Managements, die Einspareffekte auch tatsächlich zu erreichen.
Wenn andererseits das Ziel des fusionierten Unternehmens darin besteht, Wachstumssynergien aus der Akquisition zu erschließen, sollte die Integration als strategisches Unterfangen behandelt werden.
Die Form der zu schaffenden Synergien konzentriert sich dann zunehmend auf das Management und zielt darauf ab, das Marktpotenzial zu bewerten, innovative Geschäftsideen zu entwickeln, Kundenbedürfnisse zu verstehen und Ausführungspläne auszuarbeiten.
Wichtig ist es hierbei, auch die entsprechenden Prozesse zu standardisieren bzw. zu zentralisieren und ggf. die Unternehmens-IT an gesteigerte Anforderungen anzupassen. Beispiel: Professionalisierung Vertrieb durch Vereinheitlichung des Kundenmanagement mit Salesforce auf allen Standorten.
Hebel 2: Tempo der Integration – langsam oder schnell?
Das erforderliche Tempo der Integration korrekt zu bestimmen, erleichtert das Durchführen einer PMI massiv. Unsere Empfehlung fällt entsprechend aus: Die Geschäftsleitung sollte die optimale Geschwindigkeit für ihr kombiniertes Unternehmen von vorneherein festlegen und dann konsequent kommunizieren und umsetzen.
Die meisten Senior Manager möchten die Post-Merger-Integration so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen, um die geplanten Synergieeffekte schnellstmöglich zu erreichen. Nach Abschluss der Initiative wird die Aufmerksamkeit des Managements wieder auf das operative Geschäft gelenkt.
Dieser Ansatz ist jedoch mit Risiken und Unsicherheiten behaftet: Aufgrund des anfänglichen Aktionismus fehlt es schnell an einer detaillierten Analyse von Daten und Fakten, um geplante Maßnahmen auch entsprechend zu untermauern.
Alternativ kann sich das Management bei freundlichen Übernahmen auch für ein langsameres Tempo bei der Integration entscheiden. Das reduziert tendenziell Befürchtungen in der Belegschaft, Engpässe in der Produktion oder bei Lieferanten sowie Risiken, die durch übereiltes Arbeiten verursacht werden können.
In beiden Fällen unterstützt Sie ein PMO dabei, die beschlossenen Einspareffekte einzuhalten sowie die zugehörigen Aktivitäten und Meilensteine sicherzustellen.
Hebel 3: Grad der Integration – teilweise oder ganz?
Ein weiterer Hebel bei der Post-Merger-Integration ist der geeignete Integrationsgrad, also die Frage, ob eine Gesamt- oder eine Teilintegration mehr Vorteile für das Unternehmen bedeutet.
Dabei gilt die Faustregel: Je intensiver der Fokus auf Kostensynergien ist, desto umfangreicher ist der PMI-Prozess. Er umfasst schnell alle Regionen und Funktionen, was das Tagesgeschäft deutlich belastet. Dies birgt die Gefahr, sich zu sehr in administrativen Themen zu verstricken, die zu viele Unternehmenskapazitäten binden und darüber den Kunden zu vernachlässigen.
Im Umkehrschluss gewährleistet der absolute Fokus auf Kostensynergien einen hohen Integrationsgrad über alle Regionen und Funktionen hinweg. Richtig gesetzte Prioritäten und korrekt zugewiesene Ressourcen helfen dabei, die Risiken eines umfassenden Integrationsgrads auszugleichen.
Auf der anderen Seite ist die Teilintegration weniger umstritten und wird in erster Linie durch reine Ausrichtung der Mission oder Konsolidierung des Vertriebs gerechtfertigt. Dieser Ansatz eignet sich am besten für Übernahmen, bei denen neue Kundensegmente hinzukommen oder neue Produkte erworben werden.
Ist die Art der Integration eine Übernahme oder eine Fusion unter Gleichen?
Eine Fusion unter Gleichen klingt gut, ist aber mit Risiken verbunden, weil der Begriff hohe Erwartungen bei den beteiligten Parteien weckt. Das Für und Wider bestehender Praktiken muss von beiden Parteien diskutiert werden, um den besten gemeinsamen Weg nach vorne zu erkennen und umzusetzen.
Dabei ist es essenziell, schnell mit Lösungen aufzuwarten und sich nicht den Luxus zu leisten, das Beste aus beiden Welten zu destillieren. Denn sind Erwartungen bei den Beteiligten erst einmal geweckt, werden sie kaum wieder vergessen. Werden sie dann nicht erfüllt, sind Enttäuschung, mentale Resignation und Frustration vorprogrammiert.
Nur eine professionelle, offene und ehrliche Kommunikation über die Art der Integration macht eine starke Bindung zwischen den zusammengeführten Unternehmen möglich. Gelingt diese nicht, können ungelöste Konflikte aufgrund konträrer Erwartungen weiter schwelen und sich vertiefen. Hierbei neigt das übernommene Unternehmen schnell dazu, das übernehmende Unternehmen mit Misstrauen zu beobachten und das Schlimmste zu befürchten.
Deshalb raten wir bei jeder PMI dazu, sich bereits dann fachkundige Beratung einzuholen, wenn es um das Festlegen des geeigneten Integrationsgrads und der idealen Übernahmekommunikation geht.
Hebel 4: Entscheidungsgrundlagen
Je unterschiedlicher die Kulturen der beiden Unternehmen sind, desto größer ist der Widerstand gegen eine Übernahme und der Wunsch nach schnellen und klaren Entscheidungen. Das schließt auch detaillierte Anweisungen des übernehmenden Unternehmens ein. Gleichzeitig müssen Entscheidungen, die die Integration betreffen, zeitnah getroffen und alle Stakeholder explizit in den Prozess einbezogen werden.
Handelt es sich jedoch um die freundliche Übernahme eines Unternehmens mit ähnlichem Hintergrund, kann dies bereits im Vorfeld geschehen. In diesem Fall werden Entscheidungen getroffen, die keine umfangreichen Analysen und Meinungsbildungsprozesse erfordern, sondern sich eher auf die neue Organisation und die zukünftige Geschäftspolitik beziehen.
Hebel 5: Change Management
Außerdem wird bei Fusionen und Übernahmen immer wieder betont, wie wichtig ein intensives Veränderungsmanagement für den letztendlichen Erfolg der Transaktion ist.
Die Fusion zweier Unternehmen mit ähnlichem Hintergrund erfordert weniger explizite Maßnahmen als die Fusion zweier Unternehmen mit unterschiedlichem Hintergrund. In diesem Fall sollten die entsprechenden Mitarbeiter zusammenkommen und ihre Erfahrungen austauschen, während in einigen Fällen ein Wechsel des Managements für eine langfristig erfolgreiche Fusion entscheidend sein kann.
Fazit
Die meisten Fusionen scheitern wegen schlecht vorbereiteter Post-Merger-Integrationsstrategien. Der entscheidende Schritt hin zu einer erfolgreichen Fusion besteht darin, einen klaren und transparenten Plan festzulegen und ein effizientes Post-Merger-Integrationsteam aufzustellen, das die definierten Maßnahmen konsequent umsetzt.